Hannover – Die Feststellung des EU-Programms „Copernicus“, dass der zu Ende gegangene Januar der bislang wärmste seit Beginn der Klimaaufzeichnungen war, hat beim NABU Niedersachsen, der mit rund 133.000 Mitgliedern größter Naturschutzverband des Landes, große Besorgnis ausgelöst: Der Landesvorsitzende des NABU Niedersachsen Dr. Holger Buschmann betont, dass „sich die verheerende Zuspitzung der Situation, was den menschengemachten Klimawandel betrifft, immer weiter zu beschleunigen scheint. Wir liegen bereits deutlich über den im Pariser Klimaschutzabkommen als Ziel festgelegten 1,5 Grad Zunahme bis zum Ende des Jahrhunderts, und es ist zu befürchten, dass die Kurve an einen Kipppunkt gelangt, an dem ihre Beschleunigung nicht mehr aufhaltbar ist!“
Er führt aus: „Leidtragende werden die Menschen sein, auf vielerlei Art und Weise: In immer heißeren, trockeneren Sommern werden viele Menschen gesundheitliche Probleme bekommen, Städte werden zu unerträglichen Backöfen und Wasser wird im Sommer knapper werden. Lange Trockenperioden, Wassermangel, Starkregenereignisse und hohe Feuchtigkeit im Winter werden der Landwirtschaft große Schwierigkeiten bereiten. Dies wird auch auf die Forstwirtschaft und die Fischerei durchschlagen – insofern hat der Klimawandel große gesundheitliche wie wirtschaftliche Auswirkungen und ist bereits greifbar, auch, was Naturkatastrophen betrifft.“
Selbst für Laien ersichtlich – die Folgen der Klimaerwärmung zeigen sich schon heute
Viel zu wenig werde zudem auf die zu befürchtenden Folgen, insbesondere auf fragile und für die Biodiversität wertvolle Ökosysteme geachtet. Dabei zeigten sich solche bereits heute: „Wälder stehen unter Dauerstress durch Trockenheit und Hitze. Selbst Heidelandschaften stehen vor dem Verdorren. Feuchtgebiete und Moore mangelt es im Sommer an Wasser und Gewässer – nicht nur kleine – trocknen aus“, so der NABU-Landesvorsitzende. Giftige Blaualgenblüten, ein erhitztes Wattenmeer und weitere Einflüsse auf komplexe Lebensräume seien längst traurige Realität.
„Wir werden immer weitere Verschiebungen in der Tier- und Pflanzenwelt, auch zwischen Küste und Harz, erleben“, betont der Biologe: „Das ist heute sogar für Laien erkennbar: Viele Menschen berichten uns vom Fernbleiben der ‚Schmetterlinge ihrer Kindheit‘: So hat beispielsweise der einst besonders häufige Kleine Fuchs unsere Bereiche zugunsten nordischer Regionen weitgehend verlassen. Der Kuckuck hat große Probleme, für Nachwuchs zu sorgen, weil seine Wirtsvögel früher brüten und er dadurch immer seltener zur Eiablage kommt. Im gesamten Gefüge des Vogelzugs wird es Verschiebungen geben, zwar auch für uns neue Arten nach Niedersachsen bringen, aber dennoch das große Mobile des Lebens ins Wanken bringen, etwa durch frühere Entwicklungszyklen bei manchen Insektenarten, die wiederum Nahrung für Vögel sind.“ Die Wissenschaft stehe in diesem Bereich zwar noch am Anfang, „die ersten Folgen sind jedoch bereits greifbar“, mahnt Dr. Holger Buschmann.
„Wir müssen begreifen, dass Klimaschutz eine Querschnittsaufgabe ist.“
Aus Sicht des NABU Niedersachsen müsse die Politik noch viel beherzter Klimaschutz betreiben: „Denn es stellen sich – dass kann mit allem Nachdruck festgestellt werden – die Überlebensfrage, auch für uns, und die Frage nach der Bewahrung von Lebensqualität der heutigen wie künftigen Generationen. Wir müssen begreifen, dass Klimaschutz eine Querschnittsaufgabe ist. Dazu zählen eine Reduzierung von Treibhausgasen ohne Ausreden und Hinhaltetaktiken, ein Umbau des Verkehrssektors hin zu mehr Öffentlichem Personen- und Nahverkehr, ein konsequenter Moorschutz, eine naturnähere Waldwirtschaft, ein sorgsamerer Umgang mit dem unvermehrbaren Gut Boden – auch durch einen Verzicht auf immer neue Flächenversiegelungen – sowie eine Durchgrünung von Siedlungsraum und Gewerbeflächen“, fordert der Landesvorsitzende des NABU Niedersachsen.